Nordseehnsucht
 ....mit dem Womo durch Südamerika


 Blog

von Anja 19. Juli 2021
Wir sitzen im Pickup, die Ladefläche beladen mit Kisten gefüllt mit Orangen und Mandarinen….und wir sind aufgeregt. Die ganze Woche haben wir vorbereitet, Früchte begutachtet und gepflückt, Marmeladengläser mit hübschen Etiketten versehen, über Preise diskutiert, Werbung auf Instagram gemacht und den Pickup geputzt und als Fruchtladen präpariert und dann auch noch festgestellt, dass der Freitag, unser geplanter Verkaufstag, auch noch ein Feiertag in Chile ist, egal, jetzt geht es los. Zuerst in die Poblation von Hurtado, hier gibt es Interessenten, hat man uns gesagt. Und so ist es auch, ruckzuck sind alle Mandarinen restlos weg, ha nach einer halben Stunde. Unsere Marmeladen findet man irgendwie lustig, Orangenmarmelade und Aprikose mit Pisco, mit Pisco? Sowas kocht man hier nicht. So stehen wir schnell wieder auf dem Campo unter dem Mandarinenbaum, um nochmal nachzuladen. Und weiter runter geht’s durchs Rio Hurtado Tal, hier und da mal nachfragen. Eine ältere Dame kommt mit großer Einkaufstasche aus dem Haus, jippee, ach ihr habt nur Citrusfrüchte, kein Gemüse? Zum späten Nachmittag landen wir im Dorf Pichasca, parken zwischen einem kleinen Lebensmittelladen und einem Restaurant. Eine ganze Zeit passiert gar nichts, dann winkt uns die Besitzerin vom Restaurant heran. Was verkauft ihr eigentlich? Macht ihr das das erste Mal? Es wird erstmal eine kleine Menge Orangen und Pomelos geordert. Kurz darauf winkt sie mit einer Tüte durch die Tür, nochmal zwei Kilo von allem….jajaja unsere Früchte sind rico. Nach und nach kommen wirklich alle Mitarbeiter des Restaurants bei uns vorbei und decken sich mit kleinen und großen Vitaminbomben ein. Kommt ihr jetzt öfter? Na klar!! Mit dem Sonnenuntergangslicht und dem Blick auf das letzte Rot in den Bergen fahren zwei müde aber doch zufriedene Obstverkäufer wieder heim. Ja es gibt uns jetzt bei Instagram mit noch Mehr vom Campo: chacraellimon
von Anja 23. Juni 2021
Es gibt etwas Neues und es ist amtlich. Es war super schön mit dem Womo wieder unterwegs zu sein, wieder neues zu entdecken, den Reiseakku wieder aufzuladen und den uns so vertrauten Reisealltag wieder fließen zu lassen. Manchmal haben wir gedacht, wie es wäre, einfach weiterzufahren und dann meldet sich doch das Gefühl, dass wir große Lust auf unser neues Projekt haben… auf einen Campo in Chile. Ja wir haben es getan. Wir sind die stolzen Besitzer von diesen 2,5 Hektar Land, die uns nicht loslassen wollen. Ein neues Zuhause in einem Land, wie eine Insel umschlossen von den hohen Bergen, ein Land an dem man an einem Tag vom Pazifik bis an die Cordillere fahren kann aber von Nord nach Süd rund 4200 km zurücklegen muss, um es zu durchqueren. Mit einer Natur deren Bandbreite von Gletschern, Regenwäldern, Fjorden, Vulkanen, der trockensten Wüste der Erde, 6000m hohen Bergen, Andenlagunen und Seengebiete, Wäldern mit seltenen Baumarten wie Araukarien und Alerces und 4000 km Pazifikküste bis hin zu abgelegenen Inseln, wie der Osterinsel und einem Teil der Antarktis reicht. Ein Land in dem Vulkane noch dampfen, die Verschiebung der tektonischen Platten täglich irgendwo die Erde beben lässt und Schilder mit Zunami Fluchtwegen zum Alltag gehören. Ein Land in dem dir ein Puma über den Weg laufen kann, du mit Delfinen, Walen und Pinguinen schwimmen gehst, bunte Papageien kreischend über deinen Garten fliegen, du Skorpione aus deinem Badezimmer trägst, dich vor giftigen Spinnen etwas in Acht nehmen musst und besser mit langen Hosen und Handschuhen in der Natur werkelst und jeden Abend bevor du ins Bett gehst erst mal einen Blick unter die Bettdecke wirfst, weil jemand dort auch schon mal eine Schlange vorgefunden hat, die es dort ganz gemütlich fand. Ein Land im dem es Früchte gibt, die wir nicht kannten, Nispero, Cherimoya, Mora, Caigua…, man die Früchte von Kakteen essen kann, man ohne Crema de Leche, Manjar und vor allem Empanadas nicht existieren kann aber auch sicherlich niemals verhungern muss, wo wir gerade im Herbst immer noch Tomaten und anderes Gemüse aus unserem Garten holen und das Kaufen und Verkaufen von allem, was man zum Leben so braucht, am Straßenrand so selbstverständlich dazu gehört. Einem Land, in dem die Menschen zum neuen Jahr „Momos“ verbrennen und Feste gerne tagelang feiern, es ohne laute Musik gar nicht geht, die Menschen in bunten Häusern leben und Hunde selbstverständlich zum Bild gehören, wo alle Hosen, die wir kaufen wollen eigentlich zu kurz sind für uns, weil der Chilene einfach etwas kürzer geraten ist als der Europäer und ein Land in dem uns die Menschen so freundlich und offen begegnen, ein Schwätzchen zum guten Ton gehört und viel und gerne gelacht wird. Ein Land in dem es im Norden zu heiß und zu trocken und im Süden zu kalt und zu nass ist. Wo um uns die Luft so klar und so sauber ist, dass der Sternenhimmel dir einfach nur ein „Wow“ entlockt und auch die Anzahl der internationalen Sternwarten in dieser Gegend erklärt, die Berge aus Edelsteinen und Edelmetallen von Kupfer bis Gold bestehen und Quartz das Universum öffnet. Eine Region, in der die Sonne etwa 320 Tage im Jahr scheint, aber dafür der Wassermangel ein heikles Thema ist, weil ohne Wasser eben einfach nichts wächst….ich könnte endlos weiter schreiben. Ja und weil es so viel zu berichten gibt und ein neues Projekt auch ein neues Gewand braucht, werden wir auf dieser Webseite nach und nach etwas verändern, erweitern, entwickeln. Klar wird es immer wieder Reiseberichte geben, uns ohne reisen gibt es nicht und Chile und Südamerika haben noch viel zu Entdecken. Aber auch für unseren Campo haben wir viele Ideen und werden euch, wenn ihr möchtet, daran teilhaben lassen, was hier entsteht. Hier wird es in Zukunft etwas zu Obst, Gemüse, Hühner, dem Valle Rio Hurtado geben und Berichte vom Farmersleben von den dos Alemanes auf dem Campo:
von Anja 2. Mai 2021
Leise und gedämpft rollen die Wellen des Pazifik in die sandige Bucht hinter uns. Um uns herum breitet sich die Atacamawüste in kleinen Sanddünen bis zum Horizont aus. Hinter einem dunstigen Schleier des ewigen Pazifiknebels beleuchtet die letzte Abendsonne gerade noch die Berge in der Ferne. Der Himmel über dem Meer in ein tiefes Stahlblau getaucht. Uns bleibt gerade nicht so der Blick für die Kulisse, denn unser Womo steckt im Sand fest. Bei der Suche nach dem besten Platz für die Nacht, einmal falsch eingeschätzt, war der Sand doch zu tief. Immer wieder Sand wegschaufeln, die Auffahrböcke vor die Räder platzieren, dann 10 cm voran und das ganze von vorne. Schauen, welches Rad sich gerade am meisten in den Sand gräbt und wo der Weg etwas festeren Untergrund hat. Zentimeter für Zentimeter und doch schweift mein Blick immer wieder zum Meer. Dort sind Piqueros oder Sturmvögel oder Gannets, wie auch immer man sie nennt, unterwegs. Sie schießen wie Pfeile vom Himmel ins Meer. Zielsicher und pfeilschnell stürzen sie sich kopfüber auf ihr Abendbrot, den ein oder anderen Fischschwarm. Ich kann mich dem Anblick nicht entziehen, wie sich Dutzende, manchmal 4 oder 5 gleichzeitig plötzlich aus dem Schweben in den senkrechten Sturzflug begeben, die Flügel erst ausgebreitet, um dann wie ein Pfeil ins Wasser zu tauchen. Ich habe schon mal von diesen Vögeln berichtet, vor ein paar Jahren in Schottland haben uns die Gannets schon begeistert. Irgendwann ist es geschafft und das Womo zieht sich, dank eines erfahrenen Mannes im Cockpit, aus dem dicken Sand und wir schlafen ein paar Meter vom weißen Sandstrand mit Meeresrauschen ganz wunderbar. Weiter nach Norden wird die Küste immer karger, rote Sanddünen Geröllwüste, in vielen Farben schattierende Berge aus mineralischem Gestein ziehen sich aus dem Landesinneren bis an den Pazifik. Die Straße führt uns immer nah am Meer entlang. In Australien heißt sowas Ocean Road, in Chile steht diese Küstenstrecke in keinem Reiseführer, ist eben einfach da. Die Küste mit dem kalten Humboldtstrom, sehr fischreich, ist ein Paradies für Seevögel und Meerestiere. Unser Blick aufs Meer wird immer wieder mit Ausblicken auf die Fauna belohnt…Kormorane, Seelöwen, Delfine und sogar Wale gabs zu beobachten.
von Anja 8. April 2021
Wir hoffen ihr hattet schöne Osterfeiertage. Wir haben auch ganz klassisch mit unseren Schweizer Freunden am Ostersonntag gebruncht, auf der Terrasse. Es wird ganz langsam etwas herbstlich, das Laub an den Bäumen beginnt sich zu verfärben, die Nächte werden kühler, die Tage kürzer und während die Ernte im Gemüsegarten langsam zurückgeht, ernten wir Äpfel, Birnen, Trauben und Walnüsse. Immer noch ein verwirrendes Gefühl, wenn Ostern im Herbst stattfindet, wo es für uns gefühlt doch mit dem beginnenden Frühling verknüpft ist. Die Lichtstimmungen erinnern uns an die erste Zeit im Hurtadotal, als wir noch mit dem Womo etwas weiter unten im Tal standen. Ein Jahr ist es her, Wahnsinn. Und immer noch gibt es sooo viel zu endecken. Kimmy hat ja schon berichtet, dass wir uns einen „neuen“ fahrbaren Untersatz zugelagt haben. Sagen wir mal so, es ist ein ortsübliches Fahrzeug, was man hier für Transporte, die tägliche Campoarbeit und die rumpeligen Pisten braucht. Ein etwas in die Jahre gekommener und schon viel benutzter Pick-Up. Seinen Namen hatte er automatisch gleich weg. … auf der Windschutzscheibe klebt ein Jesus Tatoo, am Rückspiegel baumelt eine ganze Armada Glücksbringer vom bunten Alpaca bis zu biblischen Sprüchen, diverse Heiligenbilder und Glücksmünzen im Handschuhfach vervollständigen das Programm. Natürlich erhalten wir den Schlüssel für das Auto vom Verkäufer auch noch mit einem Glückbringer, einem Minero (Minenarbeiter) Helm. Ihr seht, es kann nichts schiefgehen oder fragen wir uns, brauchen wir so viel göttliche Unterstützung bei diesem Auto. Etwas was wir schon ganz lange machen möchten, kann jetzt mit dem geeigneten Auto in Angriff genommen werden. Wir fahren an die Cordillera, ganz an das Ende oder den Anfang des Hurtado Tals, an den Andenhauptkamm, rauf auf 4000 m Höhe, dahin wo Chile an das Nachbarland Argentinien grenzt. So packen wir unsere Campingsachen mit Zelt, Schlafsack, Kocher und gut zu Essen und zu Trinken ein. Der Benzin-Kocher wollte uns einen Tag vor der Tour noch einen Strich durch die Rechnung machen, sehr lange nicht mehr benutzt, war eine Dichtung kaputt und er wollte nicht brennen. Da wir uns aber nicht vorstellen können ohne warmes Essen und Tee eine kalte Nacht da oben zu verbringen, bastelt Christian so lange daran rum, bis er wieder funktioniert. Von unserem Campo aus geht es durch die kleinen Orte El Chanar und Las Breas in Richtung der letzten 40 km bis zur Grenze. Dieses ganze Gebiet gehört einem Chilenen. So ist das hier in Chile, jeder Berg jedes Stückchen Land oder Natur gehört wem. Hier im Tal besaßen und besitzen immer noch einige Wenige sehr sehr große Gebiete, sind also sehr reich an Grundbesitz und können oft vom Verkauf oder Verpachtung gut leben aber natürlich auch von der Bewirtschaftung. Wir halten also an der Hacienda El Bosce, um uns für die Fahrt an die Cordillera die Erlaubnis zu holen. Die Hacienda ist ein wunderschönes altes koloniales Gebäude mit einer großen schattigen Veranda vorne und Durchgang zu einem Innenhof, ich fühle mich immer ein bisschen an „Das Geisterhaus“ von Isabell Allende erinnert. Das Ganze eingebettet in riesige Walnussplantagen. Der Chef kommt uns auch gleich in der Tür entgegen, wir werden ins Büro geleitet und müssen den stolzen Touristenpreis von umgerechnet 25 Euro pro Person zahlen. Die Preise von Don Peres sind berüchtigt. Er verpachtet sein Land und dortige Almen auch an viele Ziegenhirten, doch viele können sich seine Preise schon lange nicht mehr leisten. Auf dem Weg weiter hoch kommen uns Hirten auf Pferden entgegen und der Aufseher von Don Peres kontrolliert unseren Erlaubnisschein. Der Weg schlängelt sich entlang des Rio Hurtado, zu Beginn ist das Flussufer noch reich an grüner Vegetation, Weiden und Alerces und wir müssen immer wieder mal durch das Flussbett furten. Stetig zieht sich der steinige, schmale Weg bergan. Riesige wie hingeworfene Felsbrocken in einer immer kargeren Landschaft und einem immer engeren Tal. Dann öffnet sich das Tal wieder, weite Wiesen, die mit Wasserläufen vom Fluss gespeist durchzogen sind. Knallrote Steine in den plätschernden Flüsschen und ebenso bunt die Berge die weiter hinten in der Aussicht auftauchen. Wir stoppen unendlich viele Male, um zu schauen, zu staunen, die Ruhe hier oben zu genießen und ich kann nicht aufhören zu fotografieren. Nichtsdestotrotz zieht es uns voran, wir wollen ja so weit hoch wie möglich. Ein wenig Schnee blitzt auf der ein oder anderen Bergspitze und schließlich liegt ein schon weit erodierter roter Berge vor uns, an dem sich unendlich viele Wege nach oben ziehen. Wir kurven immer weiter hoch, Jesus macht mit. Schau mal da liegt der erste Schnee am Wegesrand und unglaublich es wird immer mehr auf dem Weg. Wir ackern uns erst mal etwas durch, bis es doch arg rutschig ist. Keine Leitplanke oder irgendwas, nur noch direkt abwärts sollte man vom Weg abkommen. Irgendwann wir die Schneeschicht zu dick, nur noch 300 Höhenmeter trennen uns vom Pass. Wir gehen noch etwas zu Fuß weiter und Smilla hat ihren Spaß beim Toben durch den Schnee. Die Aussicht ist einfach grandios. Zum Übernachten suchen wir uns einen Platz am Fluss und die Sonne verschwindet schnell hinter den Bergen. Es wird richtig kühl und ich krieche in den Schlafsack und auf die Rücksitzbank, während Christian uns etwas Warmes kocht. Mit Blick auf die umliegenden Berge sitzen wir warm eingepackt im Auto, mit einem Teller dampfenden Nudeln und Ratatouille in der Hand und beschließen einfach im Auto zu schlafen. Jesus hat vorne auch eine durchgehende Sitzbank. Was soll ich sagen, es wird eine unruhige Nacht, die Sitzbank doch zu kurz und zu eng, immer wieder wach (allerdings mit einem Ausblick auf einen großartigen Sternenhimmel), etwas Kopfweh wegen der Höhe, bitterkalt den Schlafsack bis über die Ohren gezogen und einen vor Kälte schlotternden Hund. Die kleinen Wasserläufe sind am Morgen mit einer Eisschicht überzogen. Doch die aufgehende Sonne zaubert wunderbares Licht, taut uns mit einer Tasse Kaffee in der Hand schnell wieder auf und die Nacht ist schnell vergessen. Das Campen in der Natur ist uns vertraut und wir stellen wieder fest, wie sehr wir es mögen neue Landschaften zu entdecken. So herrlich einsam. Wir haben gar nicht darüber nachgedacht, was passiert, wenn Jesus jetzt nicht anspringen sollte, hier auf knapp 4000 m Höhe natürlich auch nicht in Rollrichtung abwärts geparkt. Wann kommt hier überhaupt wer vorbei? Das würde wohl ein paar Stunden Fußmarsch bis zur nächsten besetzten Alm bedeuten. Aber Jesus hat uns nicht im Stich gelassen. Bei der Weiterfahrt nochmal ein Blick auf einen Gletscher, ach wir werden wieder kommen und einfach mal ein paar Tage hier oben bleiben.
von Kimmy 13. März 2021
Hola gente, como estais? Nicht wundern, hier schreibt heute mal Kimmy. Das dieser Blogeintrag existiert zeigt, Reisen zu Coronazeiten ist kompliziert, aber nicht unmöglich – also geht raus und erlebt was 😊! Ok, meine Rückreise hätte wirklich etwas smoother ablaufen können, dazu aber später mehr. Meine Entscheidung so schnell wieder nach Chile zu fliegen kam ziemlich spontan. Eigentlich sollte meine nächste Reise länger sein und auch all meine Freunde beinhalten. Aber durch die aktuelle Lage und das schlechte Wetter in Deutschland konnte ich nicht anders als mir ein Flugticket zu buchen, um dem ganzen drei Wochen zu entfliehen. Ich habe mir vor der Reise überhaupt keine Gedanken über irgendwelche Auflagen oder Probleme gemacht – typisch – das war aber wahrscheinlich auch gut so, sonst hätte ich vielleicht daran gezweifelt, ob dieser „Ausflug“ wirklich nötig ist. So muss ich – so unvorbereitet wie ich war - kurz vor Abflug noch um das Ergebnis meines PCR-Tests bangen und ein paar Stunden vor Abflug sogar noch einige Unterlagen im Eilantrag beantragen. Im Flieger wird mir dann auch noch mitgeteilt, dass es derzeit keine Rückflüge aus Chile in die Niederlande gibt und es kursieren Gerüchte über eine Hotelquarantäne nach Rückreisen aus Südamerika. Ich bin ein nervliches Wrack. Alles total umsonst wie sich später raustellt. Natürlich waren bestimmte Unterlagen und ein negativer Test erforderlich, aber Flug und Einreise klappen reibungslos und ich bin überglücklich in Chile angekommen zu sein. Über die Rückreise nehme ich mir vor, mache ich mir erst später Gedanken. Ein Vorteil dieser Situation, mein Flieger gleicht einem Privatjet. Leere Reihen und ich kann mich komplett ausbreiten. Die Strapazen sind dann aber doch schnell vergessen und es beginnen drei tolle Wochen, die ich nicht missen möchte. Die ersten 10 Tage muss ich täglich eine automatische Mail ausfüllen und Auskunft über mögliche Symptome und meinen Aufenthaltsort geben, aber weiter passiert nichts und wir können tun und lassen was wir wollen. Dennoch halten wir uns erstmal eher auf dem Campo auf. Hier gibt es viel zu tun. Wir ernten Unmengen an Tomaten und verarbeiten sie in allen möglichen Varianten: Soße, Ketchup, getrocknete Tomaten, … Dazu haben wir allerlei damit zu tun unsere frisch geschlüpften und etwas zu vielen Küken zu beobachten. Klein gefallen Sie mir noch, aber den großen Hühnern kann ich immer noch nichts abgewinnen. Ich kann nicht verstehen wie Mama diese Dinger auf den Schoß nehmen und Streicheln kann. Mittlerweile habe ich auch keine Angst mehr vor Pumas :D HAHA. Wir besteigen noch einen Berg von dem wir ins gesamte Tal und auf unser Haus gucken können und ich mache mir Gedanken wie ich meine Cabana nach und nach einrichten möchte. Meine „Quarantäne“ vergeht somit wie im Flug. Mama steht, meiner Meinung nach, kurz vor einem Campokoller, so ist es gut, dass wir unsere ersten Ausflüge starten. Wir fahren nach Ovalle um auf den Markt zu gehen. Der Markt hat Montags, Mittwochs und Freitags auf. Gut, dass wir auf einem Dienstag hingefahren sind :D :D. Trotzdem gefällt es mir sehr gut, wir können durch die Straßen schlendern und im Toscana essen gehen. Wow, dieses Restaurant gefällt mir total. Hierher werde ich sicherlich noch den ein oder anderen Freund ausführen. Außerdem fahren wir an den wunderschönen Limari Beach, der nicht Limari Beach heißt, wir nennen ihn aber so. Es erinnert uns etwas an Sankt-Peter-Ording. Wir bauen eine eigene Tischtennisplatte und bekommen Besuch von Gerhard, Maja, Eni und Valentina. Mit Gerhard gehe ich später noch reiten und fühle mich wie ein Gaucho. Einfach ein tolles Erlebnis. Nicht zu vergessen, unser Autokauf. Mama und Christian sind schon länger auf der Suche nach einem Pickup, aber das ist im Moment gar nicht so einfach. Die camionetas – wie sie in Chile heißen – sind so gefragt, dass sie meistens innerhalb von ein paar Minuten nach Einstellung verkauft sind. Wir sind auf dem Weg von Ovalle nach Hause und kurz vor Verlassen der Stadt schaut Mama nochmal in das chilenische Ebay. Als wäre es Schicksal, ist ein Modell wie wir es suchen vor einer Minute online gegangen und befindet sich, mit kleinem Umweg, sogar auf unserem Heimweg. Wir überlegen nicht lange und kontaktieren die Besitzer. Zack – wir haben einen Termin. Es ist ein supercooler alter Pickup, aber das Auto kommt uns auf den ersten Blick doch ein bisschen schrottig vor, was aber durchaus normal ist für ein Nutzfahrzeug in Chile. Ich bin mir sicher Mama und Christian entscheiden sich gegen den Pickup, obwohl er doch meine Wunschfarbe grün hat. Aber eine Übernachtung auf dem Pass scheint positive Gedanken zu machen und so ist das Auto am nächsten Tag unsers. Auch wenn Mama bei der ersten Fahrt tausend Tode stirbt und jegliche Entscheidungen in Frage stellt, sind wir doch super happy das Auto gekauft zu haben. Es fühlt sich an wie ein weiterer Schritt heimisch zu werden. Ich freue mich darauf noch viele Male über den Pass nach Vicuna zu fliegen. Ich bin gerade selber überrascht was wir alles in so kurzer Zeit erlebt und gemacht haben. Trotzdem merke ich einfach immer wieder, wie toll es mir gefällt und wie viel es noch zu entdecken gibt, dass ich beim nächsten Mal auf jeden Fall länger bleiben muss. Denn dann beginnt schon meine letzte Woche, die wir hauptsächlich in La Serena, eine Stadt am Pazifik, verbringen. Ich liebe es – Kimmys Paradise. Wir stehen mit dem Wohnmobil direkt an der Strandpromenade und genießen das Leben zwischen Surfen, Flanieren und Chillen. Um eine richtige Wellenreiterin zu werden, muss ich wohl noch viel üben, aber man muss ja noch Ziele im Leben haben 😉. Ich fühle mich so wohl in La Serena das ich schon wieder rumspinne ein Haus oder eine Wohnung dort zu kaufen. Dann hätte man die perfekte Kombination aus Land und Ruhe in den Anden und ein bisschen Action und Strand am Pazifik. Naja, wer weiß was noch alles kommt. Leider muss ich mich schon langsam auf meine Rückreise vorbereiten, für die ich einen PCR Test benötige. Zu diesem Zeitpunkt dachte ich noch es reicht ein Test, der nicht älter als 72 Stunden bei Boarding ist. Das stellt sich später als falsch raus. Obwohl ich keinen Termin habe und Mama fast schreiend vermittelt das ich auch keine Symptome habe (Ja, ich glaube Mama ist mittlerweile schon ein bisschen Corona-Gaga), kann ich meinen Test ohne Probleme machen. In Chile gibt es einfach nichts, was nicht geht. Einen Tag später bekomme ich mein Testergebnis online – NEGATIV – Halleluja. Meiner Rückreise steht also nichts mehr, außer einem Schnelltest 4 Stunden vor Abflug, im Wege – denke ich zumindestens zu diesem Zeitpunkt – und wir machen uns langsam auf den Weg nach Santiago. Hier beginnt jetzt also der lustige, verrückte und absolut beängstigende Teil des Berichts – die Rückreise. Ich könnte darüber wahrscheinlich einen eigenen Eintrag schreiben, aber ich versuche mich kurz zu fassen. Ich muss im Nachhinein sehr darüber lachen, wie panisch ich in dem Moment war. Im Endeffekt war es überhaupt nicht schlimm und so habe ich auch mal wieder eine spannende Reisegeschichte zu erzählen. Es war halt alles nur ein bisschen umständlicher und einfach nur unnötig kompliziert gemacht. Danke Corona. Am Tag des Abflugs gehen Mama und ich morgens in eine Klinik in Santiago um den besagten Schnelltest zu machen. Auch hier habe ich mal wieder vergessen einen Termin zu machen, aber auch das war kein Problem und so komme ich nach etwas Wartezeit dran. Im Wartebereich wurde ich etwas nervös als eine Person nach dem anderen mit einem Pflaster am Arm wie bei der Blutabnahme rauskommt. Jeder der mich kennt, weiß was das für mich bedeutet :D. Mama beruhigt mich mit den Worten: „Das ist eine Klinik, hier werden sicherlich nicht nur Corona Tests gemacht, sondern auch viele Blutentnahmen“ und ich gehe voller Selbstbewusstsein in den Testbereich. Als die Arzthelferin mir dann aber sagt ich soll den Arm frei machen, hoffte ich auf ein Missverständlich bedingt durch mein schlechtes spanisch und halte mein Gesicht zum Abstrich hin. Leider war mein spanisch wohl doch nicht so schlecht und ich habe schon ganz richtig verstanden, dass mir Blut abgenommen wird (in dieser Klinik gab es nur Schnelltests am Blut und keine durch nasalen Abstrich). Ok aus dieser Situation kam ich nicht mehr raus und liess das Ganze über mich ergehen und wie erwartet verabschiedete sich mein Kreislauf. Nichts neues für mich und ich bin froh das Ganze hinter mich gebracht und jetzt alle Tests für die Rückreise in der Tasche zu haben. Nach einer Stunde habe ich das Ergebnis – NEGATIV – und wir fahren zum Flughafen. Am Check-in Schalter ist es auffällig ruhig, bis auf ein paar Personen, die bereits mit dem KLM-Personal diskutieren, möchte anscheinend niemand fliegen. Nach kurzem checken meiner Dokumente fällt dem ersten Mitarbeiter auf, dass ich einen Schnelltest durch Blutabnahme und nicht durch Mundabstrich habe. Das ist anscheinend nicht richtig, obwohl dies nirgendswo vermerkt war. Ich lege mich mit dem KLM-Personal an aber keine Chance, es muss ein neuer Test her. Ich merke, es geht noch ein paar weiteren Personen so und kurzerhand renne ich mit einer Irin, einem Chilenen und einem Italiener über den kompletten Flughafen auf der Suche nach einer Möglichkeit einen neuen Test zu machen. Es gibt keine offizielle Stelle, aber durch ein paar Kontakte können wir auf einem Parkplatz zwischen zwei Autos bei irgendeinem kuriosen Arzt den Test machen. Kaum zu glauben das dieser Test mehr Gewicht hat als der zuvor gemachte Test im Labor einer Klinik. Wir erhalten unsere negativen Ergebnisse und rennen zurück zum Schalter. Überglücklich melden wir uns wieder an und unsere Unterlagen werden erneut gecheckt. Ich falle aus allen Wolken als ich höre: „You’re anyway not allowed to board“. Jetzt ist es nicht mehr der Schnelltest der nicht passt, sondern der PCR Test. Mein Test ist ein paar Stunden zu alt. Wir sind uns nicht sicher ob wir es falsch gelesen haben oder ob es kurz vorher geändert wurde, aber jetzt darf der Test auf einmal nicht mehr älter als 72H bei Ankunft in Amsterdam sein, anstatt 72H bis Boarding. Ich kann es nicht glauben. Ich habe drei negative Tests und darf dennoch nicht das Flugzeug besteigen. Das hat in meinen Augen nichts mehr mit einer Vorsicht vor Covid zu tun, aber gut. Ich streite mich sogar mit dem Supervisor, aber keine Chance und so verlasse ich den Flughafen und bleibe vorerst in Chile. Etwas erschrocken von dieser Situation, fahren wir in einen Park um uns eine Lösung zu überlegen. Mein Auto steht in Amsterdam, ich muss in 2 Tagen wieder arbeiten und wo zur Hölle bekomme ich so schnell alle neuen Tests her?! Fragen die mich wirklich nervös machen. Aber ein super süßer Welpe, ein Bier/Wein und eine Pizza bringen uns etwas runter. Nach vielem hin und her schaffe ich es letztendlich am nächsten Tag einen Flug über Paris nach Amsterdam zu bekommen. Ich stehe nervös am Check-in Schalter und frage mich, ob dieses Mal alles klappt. Die Mitarbeiter vom Vortag lächeln mich an und es klappt. Ein bisschen später sitze ich im Flieger und lache über die ganze Situation. Mittlerweile realisiere ich, dass ich jetzt heim fliegen muss und angekommen in Amsterdam bin ich schon fast traurig das jetzt doch alles so schnell geklappt hat. Ich vermisse Chile und vor allem das gute Wetter. Das bei meinem Auto natürlich noch die Batterie leer war, rundete die ganze Geschichte noch ab, aber eine Gruppe von Jungs hat mir schnell geholfen. Das wars – ich bin wieder „zuhause“. Dabei zähle ich Chile mittlerweile fast genauso zu meinem Zuhause. Auch wenn dieser Bericht viel um Corona ging, soll das keinen falschen Eindruck vermitteln. Er war eine super Zeit und es soll allen Mut machen, sich nicht komplett zuhause zu verkriechen. Ich fliege so schnell wie möglich wieder nach Südamerika. Hasta luego 😊
von Anja 28. Januar 2021
Ja heute war es soweit, wir konnten unsere Cedula de Identidad abholen, unseren chilenischen Ausweis. Nachdem wir im Oktober letzten Jahres ein Visum für ein Jahr beantragt hatten, Verlängerungen für Touristenvisas gab es zu der Zeit keine mehr, ging es los mit dem Prozess. Wir mussten alles auf spanisch erledigen und zum Schluss hat man vergessen uns zu informieren, dass das Visum schon im November fertig war. Aber egal, alle waren sehr nett und hilfsbereit. Die Cedula konnten wir in einem sehr modern, mit Fotokamera, Fingerabdruckscanner und elektronischer Bezahlung ausgestatteten Büro direkt in Hurtado beantragen und abholen. Darauf ganz chilenisch erst mal einen Mote con Husillo im kühlen Schatten auf der Terasse eines kleinen Lokals vor Ort. Diesen typische Snack gibt es wirklich überall in Chile. Ein süßer Saft aus Karamell und Pfirsich plus Frucht und gekochtem Weizen kommt eisgekühlt daher und geht auch locker als kleine Mahlzeit zur heißen Mittagszeit durch....wunderbar!
von Anja 17. Dezember 2020
Ja auch hier weihnachtet es. Obwohl bei heißen Temperaturen an die 30° bei mir einfach nicht recht die Weihnachtsstimmung aufkommen will, so gefallen mir doch die in der Sonne glänzenden bunten Kugeln und Girlanden und blinkenden Lichterketten an den Häusern in den Abendstunden.
von Anja 1. November 2020
Wir fahren auf der Umgehungsstraße von Ovalle und dann ab in Richtung Westen. Die Straße verläuft parallel zum Tal, dass der Rio Limari in die Landschaft geschnitten hat, in fruchtbares, grünes Band mit Wein und Oliven, irgendwo dahinten in ungefähr 70 km soll der Pazifik stecken. Vor 7 Monaten sind wir genau auf dieser Strecke auch nach Westen gefahren. Die Coronakrise hatte Chile erreicht, die ersten Masken im Supermarkt und das Klopapierregal etwas leerer, die Grenzen geschlossen und nicht ganz klar welche Campingplätze oder Regionen noch geöffnet sind für Reisende. Wir wussten nicht genau, was jetzt auf uns zukommt, Unsicherheit und die Suche nach einem Platz, an dem wir erst mal bleiben wollen und können. Erst mal beobachten was jetzt passiert und dann planen, wie es weitergehen soll. Doch mit jedem Meter, den wir auf dieser Strecke fuhren, die Berge immer weiter hinter uns ließen, sagt mein Gefühl nein das ist die falsche Richtung, nein vielleicht doch lieber in die Berge. Christian geht es ähnlich und wir machen einfach spontan eine Kehrtwende, fahren nochmal durch Ovalle und entscheiden uns für die Strecke ins Hurtadotal, ja und den Rest kennt ihr, müsst nur in den Berichten 7 Monate zurück gehen, unglaubliche 7 Monate. So greifbar nah lag der Pazifik die ganze Zeit und diesmal geht es wirklich an die Mündung des Rio Limari unser damaliges Ziel. Ein fast einsamer Strand, ein kleines Fischerdorf und ein paar Berge über die der Pazifiknebel wabert und einen kleinen Nebelwald gedeihen lässt. 2 Tage stecken wir direkt vor dem Womo die Zehen in den Sand. …..mittlerweile haben wir die Küste schon etwas weiter erkundet. In den Fischerorten zugeschaut, wie die Muschelfischer ihre Beute an Land und unter die Leute bringen, Delfine, Seelöwen und jede Menge Pelikane beobachtet. So schön mal wieder am Meer zu sein.
von Anja 2. Oktober 2020
Ja die Zeit vergeht, die meisten Orangen sind abgeerntet. Selbst die Blüte der Orangen und Mandarinenbäume, die unseren Campo in einen hypnotisierenden Duft einhüllt, ist fast durch. Viele der Aprikosenbäume haben die ersten Früchte angesetzt und selbst die Kakteen blühen. Nachdem wir immer wieder gefragt werden: „Was macht ihr denn jetzt eigentlich so den ganzen Tag?“, müssen wir doch mal etwas aus unserem Farmleben berichten.
von Anja 3. August 2020
Es war keine Liebe auf den ersten Blick. 2,5 Hektar, Hanglage, eine Zitrusplantage mit Orangen , Mandarinen, Grapefruit und Zitronen, ein verwilderter Garten mit vielen weiteren Obstbäumen, eine steile und enge Auffahrt, die unser Womo gerade so schafft und zwei schon längere Zeit unbewohnte Wohngebäude, die nach aufräumen und Putzlappen rufen. Es ist zu verkaufen, nein eigentlich nix für uns. Aber es will uns nicht ganz loslassen. Bei einem zweiten längeren Besuch streifen wir durch den Garten, entdecken immer wieder neue Plätze, pflücken frische Orangen vom Baum, sitzen auf der Terrasse unter roten Bougainvillea und fangen an zu träumen. Viele Überlegungen, ein paar schlaflose Nächte weiter, abwägen der Optionen in der Coronakrise, erfühlen der eigenen Wünsche, ein Kassensturz, Verhandlungen zu einer Vermietung, Telefonate mit den Lieben zuhause….wir haben uns entschieden, wir bleiben im Hurtado Tal, haben einen Mietvertrag für die nächsten zwölf Monate unterschrieben und stecken mitten in einem neuen Projekt. Wir werden Orangenbauern oder so ähnlich. Während ich das hier schreibe sitze ich auf unserem Sofa im neuen Wohnzimmer und höre draußen die Grillen zirpen. Wir sind die dritte Woche hier, hatten die letzten Wochen alle Hände voll zu tun mit sesshaft werden, renovieren und eingewöhnen. Mir fällt am Anfang jedes einzelne Teil aus dem Womo zu räumen total schwer, so lange war das Womo das Zuhause und die Reise, die ich nicht loslassen möchte. Auch das Schlafen in einem großen Raum nach Monaten im Alkoven will erstmal wieder geübt werden. Aber mit jedem Tag und jedem Pinselstrich wächst das Zuhause Gefühl. Ich liebe es morgens im Bad das Fenster aufzuschieben und mit Blick in die Berge die Zähne zu putzen oder den kleinen Steinweg vom Wohn- zum Küchenhaus herunterzugehen, um den Kaffee zu kochen und dabei den Blick über die Mandarinenbäume schweifen zu lassen. Es bleibt spannend, denn auch der Einstieg in die Dorfgemeinschaft von Hurtado will wachsen, wo wird Strom und Wasser bezahlt, wer macht was und welche Feste werden gefeiert? Ja und die Kommunikation, das Spanisch muss noch deutlich besser werden. Und wie funktioniert hier eigentlich alles auf dem Campo? Orangenbaumpflege? Bewässerung über Kanäle? Wenn noch Zeit bleibt, werden wir berichten 😉.
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von Anja 19. Juli 2021
Wir sitzen im Pickup, die Ladefläche beladen mit Kisten gefüllt mit Orangen und Mandarinen….und wir sind aufgeregt. Die ganze Woche haben wir vorbereitet, Früchte begutachtet und gepflückt, Marmeladengläser mit hübschen Etiketten versehen, über Preise diskutiert, Werbung auf Instagram gemacht und den Pickup geputzt und als Fruchtladen präpariert und dann auch noch festgestellt, dass der Freitag, unser geplanter Verkaufstag, auch noch ein Feiertag in Chile ist, egal, jetzt geht es los. Zuerst in die Poblation von Hurtado, hier gibt es Interessenten, hat man uns gesagt. Und so ist es auch, ruckzuck sind alle Mandarinen restlos weg, ha nach einer halben Stunde. Unsere Marmeladen findet man irgendwie lustig, Orangenmarmelade und Aprikose mit Pisco, mit Pisco? Sowas kocht man hier nicht. So stehen wir schnell wieder auf dem Campo unter dem Mandarinenbaum, um nochmal nachzuladen. Und weiter runter geht’s durchs Rio Hurtado Tal, hier und da mal nachfragen. Eine ältere Dame kommt mit großer Einkaufstasche aus dem Haus, jippee, ach ihr habt nur Citrusfrüchte, kein Gemüse? Zum späten Nachmittag landen wir im Dorf Pichasca, parken zwischen einem kleinen Lebensmittelladen und einem Restaurant. Eine ganze Zeit passiert gar nichts, dann winkt uns die Besitzerin vom Restaurant heran. Was verkauft ihr eigentlich? Macht ihr das das erste Mal? Es wird erstmal eine kleine Menge Orangen und Pomelos geordert. Kurz darauf winkt sie mit einer Tüte durch die Tür, nochmal zwei Kilo von allem….jajaja unsere Früchte sind rico. Nach und nach kommen wirklich alle Mitarbeiter des Restaurants bei uns vorbei und decken sich mit kleinen und großen Vitaminbomben ein. Kommt ihr jetzt öfter? Na klar!! Mit dem Sonnenuntergangslicht und dem Blick auf das letzte Rot in den Bergen fahren zwei müde aber doch zufriedene Obstverkäufer wieder heim. Ja es gibt uns jetzt bei Instagram mit noch Mehr vom Campo: chacraellimon
von Anja 23. Juni 2021
Es gibt etwas Neues und es ist amtlich. Es war super schön mit dem Womo wieder unterwegs zu sein, wieder neues zu entdecken, den Reiseakku wieder aufzuladen und den uns so vertrauten Reisealltag wieder fließen zu lassen. Manchmal haben wir gedacht, wie es wäre, einfach weiterzufahren und dann meldet sich doch das Gefühl, dass wir große Lust auf unser neues Projekt haben… auf einen Campo in Chile. Ja wir haben es getan. Wir sind die stolzen Besitzer von diesen 2,5 Hektar Land, die uns nicht loslassen wollen. Ein neues Zuhause in einem Land, wie eine Insel umschlossen von den hohen Bergen, ein Land an dem man an einem Tag vom Pazifik bis an die Cordillere fahren kann aber von Nord nach Süd rund 4200 km zurücklegen muss, um es zu durchqueren. Mit einer Natur deren Bandbreite von Gletschern, Regenwäldern, Fjorden, Vulkanen, der trockensten Wüste der Erde, 6000m hohen Bergen, Andenlagunen und Seengebiete, Wäldern mit seltenen Baumarten wie Araukarien und Alerces und 4000 km Pazifikküste bis hin zu abgelegenen Inseln, wie der Osterinsel und einem Teil der Antarktis reicht. Ein Land in dem Vulkane noch dampfen, die Verschiebung der tektonischen Platten täglich irgendwo die Erde beben lässt und Schilder mit Zunami Fluchtwegen zum Alltag gehören. Ein Land in dem dir ein Puma über den Weg laufen kann, du mit Delfinen, Walen und Pinguinen schwimmen gehst, bunte Papageien kreischend über deinen Garten fliegen, du Skorpione aus deinem Badezimmer trägst, dich vor giftigen Spinnen etwas in Acht nehmen musst und besser mit langen Hosen und Handschuhen in der Natur werkelst und jeden Abend bevor du ins Bett gehst erst mal einen Blick unter die Bettdecke wirfst, weil jemand dort auch schon mal eine Schlange vorgefunden hat, die es dort ganz gemütlich fand. Ein Land im dem es Früchte gibt, die wir nicht kannten, Nispero, Cherimoya, Mora, Caigua…, man die Früchte von Kakteen essen kann, man ohne Crema de Leche, Manjar und vor allem Empanadas nicht existieren kann aber auch sicherlich niemals verhungern muss, wo wir gerade im Herbst immer noch Tomaten und anderes Gemüse aus unserem Garten holen und das Kaufen und Verkaufen von allem, was man zum Leben so braucht, am Straßenrand so selbstverständlich dazu gehört. Einem Land, in dem die Menschen zum neuen Jahr „Momos“ verbrennen und Feste gerne tagelang feiern, es ohne laute Musik gar nicht geht, die Menschen in bunten Häusern leben und Hunde selbstverständlich zum Bild gehören, wo alle Hosen, die wir kaufen wollen eigentlich zu kurz sind für uns, weil der Chilene einfach etwas kürzer geraten ist als der Europäer und ein Land in dem uns die Menschen so freundlich und offen begegnen, ein Schwätzchen zum guten Ton gehört und viel und gerne gelacht wird. Ein Land in dem es im Norden zu heiß und zu trocken und im Süden zu kalt und zu nass ist. Wo um uns die Luft so klar und so sauber ist, dass der Sternenhimmel dir einfach nur ein „Wow“ entlockt und auch die Anzahl der internationalen Sternwarten in dieser Gegend erklärt, die Berge aus Edelsteinen und Edelmetallen von Kupfer bis Gold bestehen und Quartz das Universum öffnet. Eine Region, in der die Sonne etwa 320 Tage im Jahr scheint, aber dafür der Wassermangel ein heikles Thema ist, weil ohne Wasser eben einfach nichts wächst….ich könnte endlos weiter schreiben. Ja und weil es so viel zu berichten gibt und ein neues Projekt auch ein neues Gewand braucht, werden wir auf dieser Webseite nach und nach etwas verändern, erweitern, entwickeln. Klar wird es immer wieder Reiseberichte geben, uns ohne reisen gibt es nicht und Chile und Südamerika haben noch viel zu Entdecken. Aber auch für unseren Campo haben wir viele Ideen und werden euch, wenn ihr möchtet, daran teilhaben lassen, was hier entsteht. Hier wird es in Zukunft etwas zu Obst, Gemüse, Hühner, dem Valle Rio Hurtado geben und Berichte vom Farmersleben von den dos Alemanes auf dem Campo:
von Anja 2. Mai 2021
Leise und gedämpft rollen die Wellen des Pazifik in die sandige Bucht hinter uns. Um uns herum breitet sich die Atacamawüste in kleinen Sanddünen bis zum Horizont aus. Hinter einem dunstigen Schleier des ewigen Pazifiknebels beleuchtet die letzte Abendsonne gerade noch die Berge in der Ferne. Der Himmel über dem Meer in ein tiefes Stahlblau getaucht. Uns bleibt gerade nicht so der Blick für die Kulisse, denn unser Womo steckt im Sand fest. Bei der Suche nach dem besten Platz für die Nacht, einmal falsch eingeschätzt, war der Sand doch zu tief. Immer wieder Sand wegschaufeln, die Auffahrböcke vor die Räder platzieren, dann 10 cm voran und das ganze von vorne. Schauen, welches Rad sich gerade am meisten in den Sand gräbt und wo der Weg etwas festeren Untergrund hat. Zentimeter für Zentimeter und doch schweift mein Blick immer wieder zum Meer. Dort sind Piqueros oder Sturmvögel oder Gannets, wie auch immer man sie nennt, unterwegs. Sie schießen wie Pfeile vom Himmel ins Meer. Zielsicher und pfeilschnell stürzen sie sich kopfüber auf ihr Abendbrot, den ein oder anderen Fischschwarm. Ich kann mich dem Anblick nicht entziehen, wie sich Dutzende, manchmal 4 oder 5 gleichzeitig plötzlich aus dem Schweben in den senkrechten Sturzflug begeben, die Flügel erst ausgebreitet, um dann wie ein Pfeil ins Wasser zu tauchen. Ich habe schon mal von diesen Vögeln berichtet, vor ein paar Jahren in Schottland haben uns die Gannets schon begeistert. Irgendwann ist es geschafft und das Womo zieht sich, dank eines erfahrenen Mannes im Cockpit, aus dem dicken Sand und wir schlafen ein paar Meter vom weißen Sandstrand mit Meeresrauschen ganz wunderbar. Weiter nach Norden wird die Küste immer karger, rote Sanddünen Geröllwüste, in vielen Farben schattierende Berge aus mineralischem Gestein ziehen sich aus dem Landesinneren bis an den Pazifik. Die Straße führt uns immer nah am Meer entlang. In Australien heißt sowas Ocean Road, in Chile steht diese Küstenstrecke in keinem Reiseführer, ist eben einfach da. Die Küste mit dem kalten Humboldtstrom, sehr fischreich, ist ein Paradies für Seevögel und Meerestiere. Unser Blick aufs Meer wird immer wieder mit Ausblicken auf die Fauna belohnt…Kormorane, Seelöwen, Delfine und sogar Wale gabs zu beobachten.
von Anja 8. April 2021
Wir hoffen ihr hattet schöne Osterfeiertage. Wir haben auch ganz klassisch mit unseren Schweizer Freunden am Ostersonntag gebruncht, auf der Terrasse. Es wird ganz langsam etwas herbstlich, das Laub an den Bäumen beginnt sich zu verfärben, die Nächte werden kühler, die Tage kürzer und während die Ernte im Gemüsegarten langsam zurückgeht, ernten wir Äpfel, Birnen, Trauben und Walnüsse. Immer noch ein verwirrendes Gefühl, wenn Ostern im Herbst stattfindet, wo es für uns gefühlt doch mit dem beginnenden Frühling verknüpft ist. Die Lichtstimmungen erinnern uns an die erste Zeit im Hurtadotal, als wir noch mit dem Womo etwas weiter unten im Tal standen. Ein Jahr ist es her, Wahnsinn. Und immer noch gibt es sooo viel zu endecken. Kimmy hat ja schon berichtet, dass wir uns einen „neuen“ fahrbaren Untersatz zugelagt haben. Sagen wir mal so, es ist ein ortsübliches Fahrzeug, was man hier für Transporte, die tägliche Campoarbeit und die rumpeligen Pisten braucht. Ein etwas in die Jahre gekommener und schon viel benutzter Pick-Up. Seinen Namen hatte er automatisch gleich weg. … auf der Windschutzscheibe klebt ein Jesus Tatoo, am Rückspiegel baumelt eine ganze Armada Glücksbringer vom bunten Alpaca bis zu biblischen Sprüchen, diverse Heiligenbilder und Glücksmünzen im Handschuhfach vervollständigen das Programm. Natürlich erhalten wir den Schlüssel für das Auto vom Verkäufer auch noch mit einem Glückbringer, einem Minero (Minenarbeiter) Helm. Ihr seht, es kann nichts schiefgehen oder fragen wir uns, brauchen wir so viel göttliche Unterstützung bei diesem Auto. Etwas was wir schon ganz lange machen möchten, kann jetzt mit dem geeigneten Auto in Angriff genommen werden. Wir fahren an die Cordillera, ganz an das Ende oder den Anfang des Hurtado Tals, an den Andenhauptkamm, rauf auf 4000 m Höhe, dahin wo Chile an das Nachbarland Argentinien grenzt. So packen wir unsere Campingsachen mit Zelt, Schlafsack, Kocher und gut zu Essen und zu Trinken ein. Der Benzin-Kocher wollte uns einen Tag vor der Tour noch einen Strich durch die Rechnung machen, sehr lange nicht mehr benutzt, war eine Dichtung kaputt und er wollte nicht brennen. Da wir uns aber nicht vorstellen können ohne warmes Essen und Tee eine kalte Nacht da oben zu verbringen, bastelt Christian so lange daran rum, bis er wieder funktioniert. Von unserem Campo aus geht es durch die kleinen Orte El Chanar und Las Breas in Richtung der letzten 40 km bis zur Grenze. Dieses ganze Gebiet gehört einem Chilenen. So ist das hier in Chile, jeder Berg jedes Stückchen Land oder Natur gehört wem. Hier im Tal besaßen und besitzen immer noch einige Wenige sehr sehr große Gebiete, sind also sehr reich an Grundbesitz und können oft vom Verkauf oder Verpachtung gut leben aber natürlich auch von der Bewirtschaftung. Wir halten also an der Hacienda El Bosce, um uns für die Fahrt an die Cordillera die Erlaubnis zu holen. Die Hacienda ist ein wunderschönes altes koloniales Gebäude mit einer großen schattigen Veranda vorne und Durchgang zu einem Innenhof, ich fühle mich immer ein bisschen an „Das Geisterhaus“ von Isabell Allende erinnert. Das Ganze eingebettet in riesige Walnussplantagen. Der Chef kommt uns auch gleich in der Tür entgegen, wir werden ins Büro geleitet und müssen den stolzen Touristenpreis von umgerechnet 25 Euro pro Person zahlen. Die Preise von Don Peres sind berüchtigt. Er verpachtet sein Land und dortige Almen auch an viele Ziegenhirten, doch viele können sich seine Preise schon lange nicht mehr leisten. Auf dem Weg weiter hoch kommen uns Hirten auf Pferden entgegen und der Aufseher von Don Peres kontrolliert unseren Erlaubnisschein. Der Weg schlängelt sich entlang des Rio Hurtado, zu Beginn ist das Flussufer noch reich an grüner Vegetation, Weiden und Alerces und wir müssen immer wieder mal durch das Flussbett furten. Stetig zieht sich der steinige, schmale Weg bergan. Riesige wie hingeworfene Felsbrocken in einer immer kargeren Landschaft und einem immer engeren Tal. Dann öffnet sich das Tal wieder, weite Wiesen, die mit Wasserläufen vom Fluss gespeist durchzogen sind. Knallrote Steine in den plätschernden Flüsschen und ebenso bunt die Berge die weiter hinten in der Aussicht auftauchen. Wir stoppen unendlich viele Male, um zu schauen, zu staunen, die Ruhe hier oben zu genießen und ich kann nicht aufhören zu fotografieren. Nichtsdestotrotz zieht es uns voran, wir wollen ja so weit hoch wie möglich. Ein wenig Schnee blitzt auf der ein oder anderen Bergspitze und schließlich liegt ein schon weit erodierter roter Berge vor uns, an dem sich unendlich viele Wege nach oben ziehen. Wir kurven immer weiter hoch, Jesus macht mit. Schau mal da liegt der erste Schnee am Wegesrand und unglaublich es wird immer mehr auf dem Weg. Wir ackern uns erst mal etwas durch, bis es doch arg rutschig ist. Keine Leitplanke oder irgendwas, nur noch direkt abwärts sollte man vom Weg abkommen. Irgendwann wir die Schneeschicht zu dick, nur noch 300 Höhenmeter trennen uns vom Pass. Wir gehen noch etwas zu Fuß weiter und Smilla hat ihren Spaß beim Toben durch den Schnee. Die Aussicht ist einfach grandios. Zum Übernachten suchen wir uns einen Platz am Fluss und die Sonne verschwindet schnell hinter den Bergen. Es wird richtig kühl und ich krieche in den Schlafsack und auf die Rücksitzbank, während Christian uns etwas Warmes kocht. Mit Blick auf die umliegenden Berge sitzen wir warm eingepackt im Auto, mit einem Teller dampfenden Nudeln und Ratatouille in der Hand und beschließen einfach im Auto zu schlafen. Jesus hat vorne auch eine durchgehende Sitzbank. Was soll ich sagen, es wird eine unruhige Nacht, die Sitzbank doch zu kurz und zu eng, immer wieder wach (allerdings mit einem Ausblick auf einen großartigen Sternenhimmel), etwas Kopfweh wegen der Höhe, bitterkalt den Schlafsack bis über die Ohren gezogen und einen vor Kälte schlotternden Hund. Die kleinen Wasserläufe sind am Morgen mit einer Eisschicht überzogen. Doch die aufgehende Sonne zaubert wunderbares Licht, taut uns mit einer Tasse Kaffee in der Hand schnell wieder auf und die Nacht ist schnell vergessen. Das Campen in der Natur ist uns vertraut und wir stellen wieder fest, wie sehr wir es mögen neue Landschaften zu entdecken. So herrlich einsam. Wir haben gar nicht darüber nachgedacht, was passiert, wenn Jesus jetzt nicht anspringen sollte, hier auf knapp 4000 m Höhe natürlich auch nicht in Rollrichtung abwärts geparkt. Wann kommt hier überhaupt wer vorbei? Das würde wohl ein paar Stunden Fußmarsch bis zur nächsten besetzten Alm bedeuten. Aber Jesus hat uns nicht im Stich gelassen. Bei der Weiterfahrt nochmal ein Blick auf einen Gletscher, ach wir werden wieder kommen und einfach mal ein paar Tage hier oben bleiben.
von Kimmy 13. März 2021
Hola gente, como estais? Nicht wundern, hier schreibt heute mal Kimmy. Das dieser Blogeintrag existiert zeigt, Reisen zu Coronazeiten ist kompliziert, aber nicht unmöglich – also geht raus und erlebt was 😊! Ok, meine Rückreise hätte wirklich etwas smoother ablaufen können, dazu aber später mehr. Meine Entscheidung so schnell wieder nach Chile zu fliegen kam ziemlich spontan. Eigentlich sollte meine nächste Reise länger sein und auch all meine Freunde beinhalten. Aber durch die aktuelle Lage und das schlechte Wetter in Deutschland konnte ich nicht anders als mir ein Flugticket zu buchen, um dem ganzen drei Wochen zu entfliehen. Ich habe mir vor der Reise überhaupt keine Gedanken über irgendwelche Auflagen oder Probleme gemacht – typisch – das war aber wahrscheinlich auch gut so, sonst hätte ich vielleicht daran gezweifelt, ob dieser „Ausflug“ wirklich nötig ist. So muss ich – so unvorbereitet wie ich war - kurz vor Abflug noch um das Ergebnis meines PCR-Tests bangen und ein paar Stunden vor Abflug sogar noch einige Unterlagen im Eilantrag beantragen. Im Flieger wird mir dann auch noch mitgeteilt, dass es derzeit keine Rückflüge aus Chile in die Niederlande gibt und es kursieren Gerüchte über eine Hotelquarantäne nach Rückreisen aus Südamerika. Ich bin ein nervliches Wrack. Alles total umsonst wie sich später raustellt. Natürlich waren bestimmte Unterlagen und ein negativer Test erforderlich, aber Flug und Einreise klappen reibungslos und ich bin überglücklich in Chile angekommen zu sein. Über die Rückreise nehme ich mir vor, mache ich mir erst später Gedanken. Ein Vorteil dieser Situation, mein Flieger gleicht einem Privatjet. Leere Reihen und ich kann mich komplett ausbreiten. Die Strapazen sind dann aber doch schnell vergessen und es beginnen drei tolle Wochen, die ich nicht missen möchte. Die ersten 10 Tage muss ich täglich eine automatische Mail ausfüllen und Auskunft über mögliche Symptome und meinen Aufenthaltsort geben, aber weiter passiert nichts und wir können tun und lassen was wir wollen. Dennoch halten wir uns erstmal eher auf dem Campo auf. Hier gibt es viel zu tun. Wir ernten Unmengen an Tomaten und verarbeiten sie in allen möglichen Varianten: Soße, Ketchup, getrocknete Tomaten, … Dazu haben wir allerlei damit zu tun unsere frisch geschlüpften und etwas zu vielen Küken zu beobachten. Klein gefallen Sie mir noch, aber den großen Hühnern kann ich immer noch nichts abgewinnen. Ich kann nicht verstehen wie Mama diese Dinger auf den Schoß nehmen und Streicheln kann. Mittlerweile habe ich auch keine Angst mehr vor Pumas :D HAHA. Wir besteigen noch einen Berg von dem wir ins gesamte Tal und auf unser Haus gucken können und ich mache mir Gedanken wie ich meine Cabana nach und nach einrichten möchte. Meine „Quarantäne“ vergeht somit wie im Flug. Mama steht, meiner Meinung nach, kurz vor einem Campokoller, so ist es gut, dass wir unsere ersten Ausflüge starten. Wir fahren nach Ovalle um auf den Markt zu gehen. Der Markt hat Montags, Mittwochs und Freitags auf. Gut, dass wir auf einem Dienstag hingefahren sind :D :D. Trotzdem gefällt es mir sehr gut, wir können durch die Straßen schlendern und im Toscana essen gehen. Wow, dieses Restaurant gefällt mir total. Hierher werde ich sicherlich noch den ein oder anderen Freund ausführen. Außerdem fahren wir an den wunderschönen Limari Beach, der nicht Limari Beach heißt, wir nennen ihn aber so. Es erinnert uns etwas an Sankt-Peter-Ording. Wir bauen eine eigene Tischtennisplatte und bekommen Besuch von Gerhard, Maja, Eni und Valentina. Mit Gerhard gehe ich später noch reiten und fühle mich wie ein Gaucho. Einfach ein tolles Erlebnis. Nicht zu vergessen, unser Autokauf. Mama und Christian sind schon länger auf der Suche nach einem Pickup, aber das ist im Moment gar nicht so einfach. Die camionetas – wie sie in Chile heißen – sind so gefragt, dass sie meistens innerhalb von ein paar Minuten nach Einstellung verkauft sind. Wir sind auf dem Weg von Ovalle nach Hause und kurz vor Verlassen der Stadt schaut Mama nochmal in das chilenische Ebay. Als wäre es Schicksal, ist ein Modell wie wir es suchen vor einer Minute online gegangen und befindet sich, mit kleinem Umweg, sogar auf unserem Heimweg. Wir überlegen nicht lange und kontaktieren die Besitzer. Zack – wir haben einen Termin. Es ist ein supercooler alter Pickup, aber das Auto kommt uns auf den ersten Blick doch ein bisschen schrottig vor, was aber durchaus normal ist für ein Nutzfahrzeug in Chile. Ich bin mir sicher Mama und Christian entscheiden sich gegen den Pickup, obwohl er doch meine Wunschfarbe grün hat. Aber eine Übernachtung auf dem Pass scheint positive Gedanken zu machen und so ist das Auto am nächsten Tag unsers. Auch wenn Mama bei der ersten Fahrt tausend Tode stirbt und jegliche Entscheidungen in Frage stellt, sind wir doch super happy das Auto gekauft zu haben. Es fühlt sich an wie ein weiterer Schritt heimisch zu werden. Ich freue mich darauf noch viele Male über den Pass nach Vicuna zu fliegen. Ich bin gerade selber überrascht was wir alles in so kurzer Zeit erlebt und gemacht haben. Trotzdem merke ich einfach immer wieder, wie toll es mir gefällt und wie viel es noch zu entdecken gibt, dass ich beim nächsten Mal auf jeden Fall länger bleiben muss. Denn dann beginnt schon meine letzte Woche, die wir hauptsächlich in La Serena, eine Stadt am Pazifik, verbringen. Ich liebe es – Kimmys Paradise. Wir stehen mit dem Wohnmobil direkt an der Strandpromenade und genießen das Leben zwischen Surfen, Flanieren und Chillen. Um eine richtige Wellenreiterin zu werden, muss ich wohl noch viel üben, aber man muss ja noch Ziele im Leben haben 😉. Ich fühle mich so wohl in La Serena das ich schon wieder rumspinne ein Haus oder eine Wohnung dort zu kaufen. Dann hätte man die perfekte Kombination aus Land und Ruhe in den Anden und ein bisschen Action und Strand am Pazifik. Naja, wer weiß was noch alles kommt. Leider muss ich mich schon langsam auf meine Rückreise vorbereiten, für die ich einen PCR Test benötige. Zu diesem Zeitpunkt dachte ich noch es reicht ein Test, der nicht älter als 72 Stunden bei Boarding ist. Das stellt sich später als falsch raus. Obwohl ich keinen Termin habe und Mama fast schreiend vermittelt das ich auch keine Symptome habe (Ja, ich glaube Mama ist mittlerweile schon ein bisschen Corona-Gaga), kann ich meinen Test ohne Probleme machen. In Chile gibt es einfach nichts, was nicht geht. Einen Tag später bekomme ich mein Testergebnis online – NEGATIV – Halleluja. Meiner Rückreise steht also nichts mehr, außer einem Schnelltest 4 Stunden vor Abflug, im Wege – denke ich zumindestens zu diesem Zeitpunkt – und wir machen uns langsam auf den Weg nach Santiago. Hier beginnt jetzt also der lustige, verrückte und absolut beängstigende Teil des Berichts – die Rückreise. Ich könnte darüber wahrscheinlich einen eigenen Eintrag schreiben, aber ich versuche mich kurz zu fassen. Ich muss im Nachhinein sehr darüber lachen, wie panisch ich in dem Moment war. Im Endeffekt war es überhaupt nicht schlimm und so habe ich auch mal wieder eine spannende Reisegeschichte zu erzählen. Es war halt alles nur ein bisschen umständlicher und einfach nur unnötig kompliziert gemacht. Danke Corona. Am Tag des Abflugs gehen Mama und ich morgens in eine Klinik in Santiago um den besagten Schnelltest zu machen. Auch hier habe ich mal wieder vergessen einen Termin zu machen, aber auch das war kein Problem und so komme ich nach etwas Wartezeit dran. Im Wartebereich wurde ich etwas nervös als eine Person nach dem anderen mit einem Pflaster am Arm wie bei der Blutabnahme rauskommt. Jeder der mich kennt, weiß was das für mich bedeutet :D. Mama beruhigt mich mit den Worten: „Das ist eine Klinik, hier werden sicherlich nicht nur Corona Tests gemacht, sondern auch viele Blutentnahmen“ und ich gehe voller Selbstbewusstsein in den Testbereich. Als die Arzthelferin mir dann aber sagt ich soll den Arm frei machen, hoffte ich auf ein Missverständlich bedingt durch mein schlechtes spanisch und halte mein Gesicht zum Abstrich hin. Leider war mein spanisch wohl doch nicht so schlecht und ich habe schon ganz richtig verstanden, dass mir Blut abgenommen wird (in dieser Klinik gab es nur Schnelltests am Blut und keine durch nasalen Abstrich). Ok aus dieser Situation kam ich nicht mehr raus und liess das Ganze über mich ergehen und wie erwartet verabschiedete sich mein Kreislauf. Nichts neues für mich und ich bin froh das Ganze hinter mich gebracht und jetzt alle Tests für die Rückreise in der Tasche zu haben. Nach einer Stunde habe ich das Ergebnis – NEGATIV – und wir fahren zum Flughafen. Am Check-in Schalter ist es auffällig ruhig, bis auf ein paar Personen, die bereits mit dem KLM-Personal diskutieren, möchte anscheinend niemand fliegen. Nach kurzem checken meiner Dokumente fällt dem ersten Mitarbeiter auf, dass ich einen Schnelltest durch Blutabnahme und nicht durch Mundabstrich habe. Das ist anscheinend nicht richtig, obwohl dies nirgendswo vermerkt war. Ich lege mich mit dem KLM-Personal an aber keine Chance, es muss ein neuer Test her. Ich merke, es geht noch ein paar weiteren Personen so und kurzerhand renne ich mit einer Irin, einem Chilenen und einem Italiener über den kompletten Flughafen auf der Suche nach einer Möglichkeit einen neuen Test zu machen. Es gibt keine offizielle Stelle, aber durch ein paar Kontakte können wir auf einem Parkplatz zwischen zwei Autos bei irgendeinem kuriosen Arzt den Test machen. Kaum zu glauben das dieser Test mehr Gewicht hat als der zuvor gemachte Test im Labor einer Klinik. Wir erhalten unsere negativen Ergebnisse und rennen zurück zum Schalter. Überglücklich melden wir uns wieder an und unsere Unterlagen werden erneut gecheckt. Ich falle aus allen Wolken als ich höre: „You’re anyway not allowed to board“. Jetzt ist es nicht mehr der Schnelltest der nicht passt, sondern der PCR Test. Mein Test ist ein paar Stunden zu alt. Wir sind uns nicht sicher ob wir es falsch gelesen haben oder ob es kurz vorher geändert wurde, aber jetzt darf der Test auf einmal nicht mehr älter als 72H bei Ankunft in Amsterdam sein, anstatt 72H bis Boarding. Ich kann es nicht glauben. Ich habe drei negative Tests und darf dennoch nicht das Flugzeug besteigen. Das hat in meinen Augen nichts mehr mit einer Vorsicht vor Covid zu tun, aber gut. Ich streite mich sogar mit dem Supervisor, aber keine Chance und so verlasse ich den Flughafen und bleibe vorerst in Chile. Etwas erschrocken von dieser Situation, fahren wir in einen Park um uns eine Lösung zu überlegen. Mein Auto steht in Amsterdam, ich muss in 2 Tagen wieder arbeiten und wo zur Hölle bekomme ich so schnell alle neuen Tests her?! Fragen die mich wirklich nervös machen. Aber ein super süßer Welpe, ein Bier/Wein und eine Pizza bringen uns etwas runter. Nach vielem hin und her schaffe ich es letztendlich am nächsten Tag einen Flug über Paris nach Amsterdam zu bekommen. Ich stehe nervös am Check-in Schalter und frage mich, ob dieses Mal alles klappt. Die Mitarbeiter vom Vortag lächeln mich an und es klappt. Ein bisschen später sitze ich im Flieger und lache über die ganze Situation. Mittlerweile realisiere ich, dass ich jetzt heim fliegen muss und angekommen in Amsterdam bin ich schon fast traurig das jetzt doch alles so schnell geklappt hat. Ich vermisse Chile und vor allem das gute Wetter. Das bei meinem Auto natürlich noch die Batterie leer war, rundete die ganze Geschichte noch ab, aber eine Gruppe von Jungs hat mir schnell geholfen. Das wars – ich bin wieder „zuhause“. Dabei zähle ich Chile mittlerweile fast genauso zu meinem Zuhause. Auch wenn dieser Bericht viel um Corona ging, soll das keinen falschen Eindruck vermitteln. Er war eine super Zeit und es soll allen Mut machen, sich nicht komplett zuhause zu verkriechen. Ich fliege so schnell wie möglich wieder nach Südamerika. Hasta luego 😊
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