Und täglich grüßt das Murmeltier…..ich werde wach, wenn am Ende des Tals über den Bergen ein helles Band den Sonnenaufgang im Osten ankündigt. Wenn die ersten Sonnenstrahlen die Bergspitzen auf der einen Talseite erreichen, drehen wir uns nochmal um im kuschelig warmen Bett. Die Nächte sind schon herbstlich kalt im einstelligen Bereich aber wenn die Sonne unserer Womo erreicht wird es im Alkoven schnell warm. Dann muss der Erste raus und Kaffee kochen. Eine dampfende Tasse in der Hand und den Blick auf die umliegenden Berge gerichtet. Irgendwo bellt immer ein Hund. Dann das Hupen des ersten Linienbusses talabwärts, wenig später der erste Gaslieferwagen, wie sie mehrmals täglich durchs Tal unterwegs sind und der Tag beginnt.
Die siebte Woche im Hurtado Tal, wenn Reise nicht mehr reisen ist, wenn die Heimat des Reisenden, die Straße, nicht mehr Heimat sein kann, wenn die ganze Welt Kopf steht und keiner genau weiß, wann wir wieder frei sein werden, wie die Welt und die „neue Normalität“ dann aussehen wird, was das für Chile oder Deutschland bedeutet, dann heißt es geduldig sein und annehmen was ist. Ist nicht gerade meine Stärke!
Aber gestern sind wir das erste Mal wieder mit dem Womo auf die Straße gerollt. Was für ein großartiges Geräusch als wir den Motor schon mal testweise am Tag vorher starten, ich habs vermisst. Wir wollen nach Ovalle, die nächste größere Stadt vor dem Tal, es gibt einiges zu erledigen: Visa verlängern, zur Bank, brauchen dringend eine neue Autobatterie , im Supermarkt einkaufen und mal schauen, wie sich die Corona Krise draußen so gibt. 75 km sind es bis in die Stadt und wir genießen die Strecke, die wir vor 7 Wochen talaufwärts gekommen sind und können uns gar nicht mehr an alles genau erinnern. Uns kommen viele Autofahrer mit Mundschutz entgegen und am Taleingang misst eine junge Frau Fieber bei allen Personen, die ins Hurtado Tal wollen. Fieber messen ist auch bei Sodimac, dem chilenischen Hornbach, angesagt + Händedesinfektion + Schuhdesinfektion und natürlich Schlange stehen und nur abgezählt eintreten. Im Stadtzentrum ist einiges los, die meisten Leute tragen den Mundschutz, für uns ein absolut ungewohntes Bild, die Geschäfte sind geöffnet, Restaurants nicht, der zentrale Platz eigentlich gesperrt laut der Schilder aber er wird trotzdem ganz entspannt genutzt. Im Supermarkt erliegen wir einem wahren Kaufrausch und schieben einen vollen Wagen raus und fragen uns auf dem Rückweg, haben wir eigentlich in den letzten Wochen wirklich etwas vermisst? Nein, nicht wirklich, wir haben im Tal gutes Obst und Gemüse bekommen, haben uns auf der Farm frische Milch von glücklichen Kühen geholt und unseren Joghurt selber angerührt, haben uns frisches Brot gebacken und der Rotwein und die Oliven von Don Nelson sind mega lecker. Wir wischen unsere Maßlosigkeit mit einem Schmunzeln weg und werden alllleees aufessen, Ehrenwort.
Besondere Zeiten sind das und ein besonderer Sternenhimmel. Da die Erde noch bis Ende Mai die Flugbahn des Hallischen Kometen streift, ist am nächtlichen Himmel ein Meteroitenregen zu beobachten. Die angeblich besten Zeiten haben wir natürlich verschlafen aber als wir um halb Sechs doch noch müde aus dem Alkoven ins dunkle blinzeln: eine Schnuppe und noch eine und noch eine…..wunderschön! Am nächsten Morgen halte ich wieder Ausschau aber statt der Schnuppen, schieben sich Lichter wie an einer Perlenkette langsam und gleichmäßig über das Firmament, es reißt nicht ab, spuki, ich wecke Christian, was ist das? Na klar „Starlink“. Ich musste erst nachlesen. Es sind Satelliten, die in der Zukunft ein weltumspannendes Internet möglich machen sollen. Das billionenschwere Projekt von Elon Musk sieht vor bis zu 40.000 dieser Satelliten in die Erdumlaufbahn zu schießen. Es kreisen bereits mehrere Gruppen um die Erde und es gibt sogar eine Webseite, die ausspuckt wann wo welche zu sehen sind. Ich weiß nicht ob es mir gefällt, demnächst vor lauter Satelliten die Sterne nicht mehr zu sehen. Spuki!